E.ON wehrt sich gegen Verlust des Oersdorfer Stromnetzes

Im sogenannten Wegenutzungsvertrag räumt die Gemeinde einem Strom- oder auch Gasnetzbetreiber das Nutzungsrecht an gemeindlichen Grundstücken zum Netzbetrieb ein und erhält dafür im Gegenzug eine Konzessionsabgabe. Bisher wird das Oersdorfer Stromversorgungsnetz in diesem Sinne von der E.ON Hanse AG betrieben, die Gemeinde erhält dafür eine jährliche Konzessionsabgabe von ca. 24.000 €, abhängig von der tatsächlichen Durchleitungsmenge.  Nicht zu verwechseln ist der Netzbetreiber übrigens mit dem seit 1999 unabhängig davon frei wählbaren Stromversorger des einzelnen Haushaltes. Dieser entrichtet für die Durchleitung des Stromes an den Netzbetreiber ein Netznutzungsentgelt, das damit ein Bestandteil des Strompreises ist.

Für die Nachfolge des im Dezember 2009 auslaufenden Wegenutzungsvertrages Strom haben sich nun außer dem bisherigen Betreiber E.ON auch die Stadtwerke Kaltenkirchen beworben, die zwar seit einiger Zeit schon als Stromversorger, bisher aber noch nicht als Netzbetreiber in Erscheinung getreten sind.

Beide Bewerber legten der Gemeindevertretung ihren Vertragsentwurf vor und präsentierten sich auf einer Informationsveranstaltung am 15. Januar den Mitgliedern von Finanzausschuss und Gemeindevertretung. Schon hier wurde deutlich, welchen Stellenwert E.ON der Vertragsverlängerung offensichtlich beimisst: Gleich drei Firmenvertreter versuchten – bewaffnet mit PowerPoint und bunten Informationsmappen für alle Teilnehmer – Überzeugungsarbeit zu leisten. Dagegen nahm sich der Auftritt der Stadtwerke bescheiden aus, immerhin ließ sich aber deren Geschäftsführer das persönliche Erscheinen nicht nehmen.

Die beiden Verträge unterscheiden sich nur marginal, insbesondere bei der Konzessionsabgabe gibt es aber auch keinen Spielraum nach oben: die Konzessionsabgabenverordnung legt hier Höchstsätze fest, die beide Bewerber der Gemeinde einräumen. Der Finanzausschuss empfahl dann auf seiner Sitzung am 22. Januar einstimmig, das Angebot der Stadtwerke Kaltenkirchen anzunehmen; die engültige Entscheidung darüber ist jedoch der Gemeindevertretung auf ihrer Sitzung am 25. März vorbehalten. Ausschlaggebend für mich persönlich war dabei die Aussicht, mit der Vergabe ein lokales, in kommunalem Besitz befindliches Konkurrenzunternehmen zum bisherigen Monopol-Netzbetreiber zu schaffen, von dessen Tätigkeit und Unternehmensgewinnen Oersdorf viel eher profitieren kann als von denen eines Düsseldorfer Weltkonzerns.

Ganz offensichtlich mag sich die E.ON aber mit dem drohenden Verlust des Oersdorfer Stromnetzes so einfach nicht abfinden: Nach der Empfehlung des Finanzausschusses versuchten sie, Amt und Bürgermeister telefonisch von der Notwendigkeit einer weiteren Gesprächsrunde zu überzeugen. Als dies fruchtlos blieb, wurden anschließend offensichtlich alle Ausschussmitglieder persönlich angeschrieben. Dieses Schreiben vom 6. Februar variiert im Tonfall zwischen Anbiederung (“Wir haben die Atmosphäre sehr angenehm empfunden […]”, “Enttäuscht sind vor allem auch unsere Kollegen im Netzcenter Kaltenkirchen […]”) und Warnungen vor technischen Schwierigkeiten mit beinahe drohendem Unterton (“Die Versorgungssicherheit […] wird hierdurch nicht verbessert.”) und schließt nach der Bitte um Mitteilung der Gründe für die Entscheidung mit der Aufforderung nach einem erneuten Gespräch. Interessanterweise waren die angeblich zu erwartenden technischen Probleme bei einem Betreiberwechsel bei der Informationsveranstaltung kein Thema – da nun aber eine Entscheidung zu Gunsten der Konkurrenz mehr als wahrscheinlich ist, wird der Tonfall eben verschärft.

Liebe E.ON, mit solchem Verhalten angesichts einer legitimen Entscheidung der Gemeinde Oersdorf erscheinen Sie mir einfach nur als schlechter Verlierer – mein Verhalten bei der Abstimmung über den Wegenutzungsvertrag beeinflussen Sie damit aber garantiert nicht in Ihrem Sinne!

5 Gedanken zu „E.ON wehrt sich gegen Verlust des Oersdorfer Stromnetzes

  1. Die Gemeinde räumt nur ein Nutzungsrecht ein, ja? Wie sieht es bei einem Wechsel des Konzessionsnehmers mit dem Eigentum an den Leitungen selbst aus?

  2. Ja, es geht nur um das Recht, gemeindliche Grundstücke zum Verlegen oder Betrieb der Leitungen zu nutzen. Die Leitungen selbst gehören nicht der Gemeinde. Ob ein neuer Netzbetreiber sie vom alten kauft oder pachtet, ist Verhandlungssache zwischen den beiden.

  3. Jemanden gleich „zwingen“ zu wollen, scheint mir der falsche Ansatz für eine Zusammenarbeit unter Vertragspartnern zu sein. Die Pflichten des Netzbetreibers jedenfalls regelt §12 EnWG:

    (3) Betreiber von Übertragungsnetzen haben dauerhaft die Fähigkeit des Netzes sicherzustellen, die Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität zu befriedigen und insbesondere durch entsprechende Übertragungskapazität und Zuverlässigkeit des Netzes zur Versorgungssicherheit beizutragen.
    (3a) Betreiber von Übertragungsnetzen haben alle zwei Jahre, erstmals zum 1. Februar 2006 einen Bericht über den Netzzustand und die Netzausbauplanung zu erstellen und diesen der Regulierungsbehörde auf Verlangen vorzulegen. Auf Verlangen der Regulierungsbehörde ist ihr innerhalb von drei Monaten ein Bericht entsprechend Satz 1 auch über bestimmte Teile des Übertragungsnetzes vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hat Dritten auf Antrag bei Vorliegen eines berechtigten Interesses, insbesondere soweit es für die Durchführung von Planungen für Energieanlagen erforderlich ist, innerhalb einer Frist von zwei Monaten Zugang zu den Berichten nach den Sätzen 1 und 2 zu gewähren. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Abs. 1 zum Inhalt des Berichts nähere Bestimmungen treffen.

  4. Hallo Markus,
    Auch ich habe das Schreiben erhalten! Wie soll man sowas beschreiben, unseriös?

    Stimme deinen Bericht voll und gant zu!
    Gruß
    Sven Heller

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