Hochspannungsleitung wird aufgerüstet – was heißt das für Oersdorf?

Es dürfte sich herumgesprochen haben: Die durch Oersdorf verlaufende 220-kV-Hochspannungsleitung mit Baujahr 1961 soll bis zum Jahr 2017 auf 380 kV “aufgerüstet” werden. Grund dafür ist die Notwendigkeit, die stetig steigende Menge an Windenergie, die in Schleswig-Holstein erzeugt wird nach Süden abzutransportieren. Die diesbezüglichen Planungen für die Leitung von Audorf (Rendsburg) nach Hamburg-Nord stellte der Eigentümer, die Firma TenneT TSO, in Oersdorf auf einer gut besuchten Einwohnerversammlung am 9. November 2011 vor.

Den Oersdorfer Abschnitt dieser Leitung betreffend sind zwei Trassenverläufe möglich: Zum einen die Errichtung der neuen Leitung entlang der bereits bestehenden und zum zweiten die Verlegung entlang der Autobahnen A20 und A7, westlich um Kaltenkirchen herum. Diese beiden grundsätzlichen Möglichkeiten haben wir in folgender Karte dargestellt:

Alternativen für den Trassenverlauf der 380-kV-Leitung

(Abbildungen auf Mausklick vergrößert)

Bleibt die Leitung auf der bestehenden Trasse, sieht die Planung der TenneT vor, sie um die Oersdorfer Bebauung herum etwa 90 m nach Osten zu verschwenken. Auf Rückfrage der OeWV bestätigte das Unternehmen, dass dieser Bogen um Oersdorf (rot eingezeichnet in untenstehender Karte) dann definitv die bestehende Leitung (grün) ersetzen wird, der Abstand zur Wohnbebauung also auf jeden Fall größer wird als heute.

Trassenverlauf der Hochspannungsleitung um Oersdorf

Wo die Leitung am Ende auch gebaut wird, sie wird jedenfalls an einem neuen Masttyp aufgehängt. Anstatt der bisher verwendeten 36 m hohen “Einebenenmasten” (Abbildung links) stehen dann 55 m hohe “Donaumasten” (Abbildung rechts) in der Landschaft:

Mastgeometrie alt (Einebene)       Mastgeometrie neu (Donau)

Die Aufhängung an dieser Art von Masten hat allerdings den Vorteil, dass das durch den Stromfluss entstehende magnetische Feld deutlich reduziert wird. Die Stärke dieses Magnetfeldes ist außerdem abhängig von der Entfernung zur Leitung sowie von der Stromstärke, die hindurchfließt. Für die magnetische Feldstärke (genauer: Flussdichte) gilt in Deutschland gemäß Bundesimmisionsschutzverordnung ein Grenzwert von 100 µT (Mikrotesla). Allerdings sehen einige Studien Anzeichen für ein höheres Leukämierisiko bei Kindern bereits ab einer Dauerbelastung von etwa 0,3 bis 0,4 µT und empfehlen deshalb deutlich niedrigere Vorsorgewerte. An der bestehenden 220-kV-Leitung, die für eine Stromstärke von 631 A ausgelegt ist, entstehen heute Feldstärken von bis zu 12 µT in unmittelbarer Nähe der Leitung; die Stärke des Feldes nimmt aber mit der Entfernung schnell ab. Folgende Grafik, die Berechnungen der Firma TenneT vom Dezember 2011 zeigt, verdeutlicht den Verlauf:

Verlauf des Magnetfeldes beim Einebenenmast

Die neue Leitung wird aktuell für Stromstärken bis zu 3150 A geplant, dabei entstünden – wegen der günstigeren Anordnung und der höheren Seile – Feldstärken bis zu etwa 8 µT mit folgendem Verlauf:

Verlauf des Magnetfeldes beim Donaumast

Für die tatsächliche Belastung in den Häusern ist nun allerdings zu berücksichtigen, dass die neue Leitung (wenn sie denn entlang der alten Trasse errichtet wird) leicht verschwenkt wird. Der geringste Abstand zwischen Wohnbebauung und Leitungsmitte – der bisher in Oersdorf bei 5-10 m liegt – beträgt dann etwa 90 m. Die Auswirkungen haben wir einmal exemplarisch für einige der am dichtesten an der Leitung liegenden Gebäude Oersdorfs aus den obigen Kurven herausgesucht. Die Werte können natürlich nicht exakt sein, dürften aber einen guten Überblick über die zu erwartende Veränderung liefern:

Gebäude Abstand jetzt Abstand künftig Magnetfeld jetzt Magnetfeld künftig
Flassenswisch 2 35 m 115 m 2,5 µT 0,4 µT
Kaltenkirchener Str. 5 20 m 140 m 6 µT 0,2 µT
Winsener Str. 15 5 m 100 m 10 µT 0,5 µT
Brookstr. 1 10 m 90 m 11 µT 0,6 µT

Die Feldstärke sinkt bei den am stärksten belasteten Gebäuden auf etwa ein Zwanzigstel des aktuellen Wertes. Selbst ohne die Verschwenkung der Leitung würde die Belastung durch magnetische Felder nahe der Leitung sinken, trotz der künftig höheren Stromstärken. Mit der Verlegung nach Osten ergibt sich jedoch eine deutliche Reduzierung der Feldstärken für nahezu alle Grundstücke des Ortes. 

Weiterführende Informationen:

Ausführliche Informationen zu den Stromleitungsprojekten in Schleswig-Holstein auf der Website der TenneT.

Informationen des Bundesamtes für Strahlenschutz zu elektromagnetischen Feldern bei Hochspannungsleitungen.

Grafiken: TenneT TSO GmbH

Karte: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC BY-SA

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